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Vatikan-Klimakonferenz

CIDSE-Präsident Heinz Hödl zum Abschluss der römischen Tagung der katholischen Hilfswerke und des vatikanischen Friedensrates: Papst-Enzyklika "in den Kontext auch der Kleinbauern, der Geschäftsleute oder der Politiker übersetzen"

 

Die Kirche will in der Klima- und Armutsdebatte weg von Appellen kommen und stattdessen das lösungsorientierte Handeln und Allianzen stärken: Das war der Tenor einer hochrangige Expertentagung, die die internationale Allianz der katholischen Hilfswerke CIDSE gemeinsam mit dem vatikanischen Friedensrat von 2./3.7. in Rom veranstaltet hat. Im Zentrum der Debatten der 200 Wissenschaftler, Politiker, NGO- und Kirchenvertreter stand die jüngste Enzyklika von Papst Franziskus und deren praktische Umsetzung.

 

Die Aussagen der Enzyklika sind wichtige Anhaltspunkte für die tägliche Arbeit der 17 vertretenen großen Hilfswerke und werden in deren insgesamt 10.000 Entwicklungsprojekte einfließen, erklärte CIDSE-Präsident Heinz Hödl am Freitag im Interview mit "Kathpress". Das aktuelle Papstschreiben erfordere ein oftmaliges Lesen und ein "Übersetzen in unsere Sprache", "auch in die Kontexte der Kleinbauern, der Geschäftswelt in den Entwicklungsländern oder in politische Lösungen", so der Österreicher, der in Wien auch Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission (KOO) ist.

 

Ein stärkerer lösungsorientierter Zugang müsse vor allem die in der Enzyklika dargestellte Verschränkung der verschiedenen globalen Probleme berücksichtigen. "Wir müssen die Ungerechtigkeit, die Armut und den Klimawandel gemeinsam bekämpfen", so Hödl. In Planung sei, dafür auch die einzelnen Bischofskonferenzen - die Vertreter für Asien, Australien und Ozeanien, Lateinamerika sowie Europa waren bei der Vatikan-Tagung zugegen - stärker einzubinden und regional mit konkreten Schritten weiterzuarbeiten.

 

Dass die Kirche etwa in Afrika bereits Netzwerke bilde, erklärte bei der Konferenz der Bischof des kongolesischen Kinkala, Luis Protella Mbuyu. Wichtig sei, gegenüber ungerechten Regierungen nicht zu schweigen und Druck auszuüben, so der Vizepräsident des Rates der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar (SECAM).

 

Naomi Klein: Nicht einschüchtern lassen

Die Globalisierungskritikerin Naomi Klein forderte bei der Tagung zum Lesen der Enzyklika auf. Sie selbst sei im positiven Sinne "schockiert und überrascht" über die Radikalität des Papst-Lehrschreibens, dem es gelungen sei, eine gemeinsame Wurzel der weltweiten Ungleichheiten und Ungerechtigkeit sowie der Klimakrise zu erkennen. Abzusehen sei, dass von Klimawandel-Skeptikern besonders aus den USA noch stärkere Angriffe kommen würden, von denen sich der Vatikan jedoch nicht einschüchtern lassen dürfe.

 

"Wir sind nicht Gott", betonte die kanadische Politaktivistin, die von einem "schlimmen Versagen" der Wirtschaftsexperten sprach: "Ihre Modelle bringen nur Armut und Problem mit dem Weltklima." Viele Dinge wie das Wasser, die Atmosphäre oder die Natur seien "zu wichtig, um dem Markt überlassen zu werden", so Klein. Nötig sei deshalb ein radikaler Wandel, auf den die Menschheit schon zu lange gewartet habe, doch: "Es ist noch nicht zu spät dazu."

 

Dass Klein, die sich selbst als "säkulare jüdische Feministin" beschrieb, zur Klimakonferenz im Vatikan eingeladen worden war, begründete der CIDSE-Generalsekretär mit der Notwendigkeit von gesellschaftlichen Allianzen: "Wir Katholiken alleine können den Klimawandel nicht lösen."

 

Experte: Papst beflügelt Klimadebatte

Der Papst werde die internationalen Klimaverhandlungen positiv beeinflussen können, habe er doch mit "Laudato si" bereits jetzt "weitaus mehr Menschen erreicht als erwartet", erklärte der Klimaforscher Ottmar Edenhofer, einer der Referenten der Tagung, gegenüber "Radio Vatikan". Erstaunlich sei besonders, dass die größten Fachzeitschriften, "Nature" und "Science", die Enzyklika in Editorials aufgegriffen und gewürdigt hätten. "Es gab auch viele meiner Kollegen, die sich als agnostisch oder atheistisch bezeichnen würden, die Leitartikel geschrieben haben über diese Enzyklika", so der stellvertretende Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, der auch dem Weltklimarat (IPCC) angehört.

 

Der Papst habe für sein Schreiben nicht nur eine von allen Menschen verstandene Sprache gefunden, sondern darin vor allem deutlich gemacht, dass Armut und die Klimakrise gemeinsam bekämpft werden müssten erklärte der Klimaforscher. Da es nicht funktionieren werde, erst Armut zu bekämpfen und dann das Klima zu schützen, seien Wege zu finden, "kreativ darüber nachzudenken, wie diese beiden Aspekte zusammengehen".

 

Die Atmosphäre könne heute nur noch "eine ganz begrenzte Menge an CO2" aufnehmen, so Edenhofer: Es seien nur noch rund tausend Gigatonnen, was bei heutigen Emissionsausstößen in drei bis vier Dekaden erreicht sein würde. Angesichts dieses "Zeitproblems" sollte CO2 bepreist werden, etwa durch eine Steuer, deren Einnahmen für die Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele investiert werden sollte. "Das wäre ein Weg, wie man Klimaschutz und Armutsbekämpfung miteinander verbinden kann", so der Klimaforscher.

 

Die Papstenzyklika sei genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen, um die internationalen Verhandlungen dieses Jahres zu beflügeln, so Edenhofer. Besonders gelte das für den Pariser Klimagipfel im Dezember, der ein "erster Schritt" sein könne.

 

Der Klimaforscher sieht aber eine Klimawende und effektiven Klimaschutz "noch sehr, sehr weit" entfernt, angesichts auch gegenteiliger Tendenzen: In China, Indien und Vietnam sei eine gigantische Renaissance der Kohlenverbrennung in Gange, jedoch auch in Afrika, wo viele Länder auf die billigen Kohlekraftwerke setzen wollten.

 

Gelinge es nicht, die Debatte weiterzutragen und konkrete Lösungsansätze zu finden - auch innerhalb der katholischen Kirche - laufe man Gefahr, bei einem bloßen "Medienhype" stehenzubleiben und das Potential des Schreibens "verpuffen" zu lassen.

 

Rom, 3.7.2015

 

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